Tatort Dorf – Auf dem Land ist die Welt auch nicht mehr in Ordnung
Peter Groß, 09. Februar 2020
Seit jeher sind Dörfer Tatorte spektakulärer und skurrile Kriminalfälle. Viele Bürger- und GastgeberInnen hätten durchaus Grund den Raubzug von Landrat, Deutsche Bodensee Tourismus (DBT) und Gemeindevertretern zu betrauern, indem sie unter lautem Wehklagen mit erkennbar leeren Börsen vor das örtliche Rathaus oder die Tourist-Information ziehen.
In Schwenningen findet man auf dem Trog des Narrenbrunnens folgenden Spruch in Stein gemeißelt: "Hettischt´s Muul mit Wasser gribba, noo wär dr´s Geld im Beitle bliiba." Für Touristen etwa so: „Hättest du deinen Mund mit Wasser gefüllt, dann wär dir dein Geld im Beutel geblieben“. Vor Jahr und Tag eine Botschaft des Gesindes an die Herrschaft, dass nach all den kostspieligen Gelagen, am Ende der närrischen Tage, die Geldbeutel leer waren.
In den Gemeinden des Bodenseekreises bedarf es wegen der EBC der DBT nicht einmal unerschwinglicher Gelage, sind doch im Kreis und in den Gemeinden jene Beutelschneider am Werk, die es immer wieder schaffen, der Bundesdeutschen Abgabenpolitik noch eine schmerzhafte Gebühr oder unbezahlte Arbeitsleistung zusätzlich aufzuzwingen.
Ich erinnere an die kürzlich erfolgten Strompreis- bzw. Energiekostenerhöhungen, an extreme Kostensteigerungen beim Wasser (Uhldingen-Mühlhofen), an eine Preissteigerung um 3,8 Prozent beim Verkehrsverbund Bodo. Dabei ist beachtenswert, dass die Mehrkosten für Einheimische seit 2016 um nahezu 15% (Einführung der EBC) gestiegen sind, für Besitzer der Echt Bodensee Card bis 2023 aber ausgeschlossen wurden. Bis dahin werden die Kosten für Einheimische seit 2015 (DBT- Gründung im März 2013) wohl auf 20% angewachsen sein.
Die Belastungen für touristischen Gratisleistungen und der Unterhalt überteuerter Tourist Informationen werden vermutlich weiterhin aus Gemeindekassen bestritten. Gegenwärtig sind das allein für die Deutsche Bodensee Tourismus GmbH 25 Cent für jede Übernachtung (es gibt wenige Ausnahmen für Behinderte, Geschäftsreisende, Kinder etc.).
Neu hinzu kam eine Dienstleistung, die von Gastgebern kostenlos zu erbringen ist, obwohl ein deutlicher bürokratischer Mehraufwand und höhere Personalkosten damit verbunden sind. Das erzwungene elektronische Meldeverfahren für die Übermittlung der Gästedaten an die Gemeinde oder DBT.
Im hohen Norden oder auch Nordosten honorieren Gemeinden diesen Mehraufwand mit einer Aufwandsentschädigung für elektronisch übermittelte Daten. Mal sind es 3% (*), mal sind es 5% (**) des gesamten, abgerechneten jährlichen Kurabgabebetrages eines Gastbetriebes, weil die Stadt oder Gemeinde einen besonderen Vorteil aus der e-Meldung hat. Die Möglichkeit der Abgabe handschriftlich ausgefüllter kombinierter Meldeschein-/Kurkarten-Durchschlagvordrucke blieb erhalten. Es wäre nur schlüssig und richtig, dass sich die private DBT GmbH an den Kosten für elektronisch übermittelte Datensätze beteiligt.
Beachtenswert ist auch dass die, fälschlicherweise als Kurtaxe bezeichnete Abgabe, zur mindestens teilweisen Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung, Erneuerung, auch Verwaltung und Unterhaltung der zu Kur- und Erholungszwecken bereitgestellten öffentlichen Einrichtungen erhoben wird, oft nicht einmal einen Grundbedarf abdeckt. In vielen Gemeinden reicht das Geld nicht für das oft ganzjährig gut dotierte, im öffentlichen Dienst unkündbare, Personal örtlicher Tourist-Infos.
Quellenagaben:
(*)
Rügen-Putbus
§ 7 Erhebungsform und Abrechnung der Kurabgabe
(1) In der Stadt Putbus wird das elektronische Meldescheinverfahren angewandt. Die handschriftlich auszufüllenden kombinierten Meldeschein-/Kurkarten-Durchschlagvordrucke behalten ihre Gültigkeit und können für das Meldeverfahren genutzt werden.
(4) Bei der Abrechnung erhalten Gastgeber oder deren Bevollmächtigte, die am elektronischen Meldescheinverfahren teilnehmen, eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 3% auf den Bruttobetrag der von ihnen eingezahlten Kurabgaben.
http://ruegen-putbus.de/wb/media/Kurabgabesatzung%20NEU.pdf
(**)
Kühlungsborn
§ 1 Allgemeines
...
(4) Meldepflichtigen die ihre Mitteilungen und Abrechnungen mit einem zum Kurabgabeprogramm der Stadt kompatiblen Programm auf elektronischem Wege übermitteln, erhalten eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 5 % des abgerechneten Kurabgabebetrages
https://www.kuehlungsborn.de/service/ueber-uns/satzungen/kurabgabe.html
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Dierhagen-Darss (3) Meldepflichtige die ihre Mitteilungen und Abrechnungen mit einem zum Kurabgabeprogramm der Gemeinde kompatiblen Programm auf elektronischem Wege übermitteln, erhalten eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 5 % des abgerechneten Kurbeitrages
http://www.dierhagen.darss-fischland.de/instanz_1/belege/45_satzung_000132.htm
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u.a. |