Hallo Kollegen vom Bodensee,
es ist schon faszinierend ein anderes Bundesland, eine andere Region und ein anderer Ort, aber haargenau dasselbe Problem und Agieren der Gemeindeverwaltung/Bürgermeister.
Auch ich kämpfe gegen die eingeführte elektronische Kurbeitragserfassung unserer Gemeinde.
Ich denke, man muss bei der Sache einen großen Schritt beiseitetreten und den ganzen Vorgang rein sachlich aufdröseln.
1. Der Gast ist der Gemeinde gegenüber beitragspflichtig und nicht der Vermieter.
Es ist Aufgabe der Gemeinde diesen Beitrag zu erheben.
2. Gibt es eine besondere Verpflichtung der Vermieter der Gemeinde gegenüber?
Die von kommunaler Seite in Auftrag gegebenen Studien beim Deutschen Wirtschaftsinstitut zum Tourismus schwärmen über die breite Wertschöpfung, die der Gast direkt in die Orte/Region bringt.
Er lässt sein Geld beim Bäcker, Metzger, Wirt, dem Einzelhandel, Tankstelle, Apotheke usw. und von dem Gewinn für die Bürger durch eine gute Versorgungsinfrastruktur und Freizeitangeboten ganz zu schweigen. Es profitieren damit sehr viele Gruppen direkt durch den Gast. Es ergibt sich also keine besondere Verpflichtung der Vermieter als einzige Gruppe hier für die Gemeinde eine unentgeltliche Leistung zu erbringen.
Durch Einführung des EU-Beihilferechtes wurde die direkte Zusammenarbeit von Gemeinden, Politik und Tourismusbetrieben untersagt und den Gemeinden verboten unentgeltliche Leistungen für Betriebe zu erbringen. Wenn die Gemeinde für mich als Betrieb keine Leistungen erbringen darf, wieso sollte es dann die Verpflichtung geben, dass der Betrieb das machen muss?
3. Worauf beruht dann die Verpflichtung?
Im Grunde darauf, dass die Sicherheitsbehörden die Vermieter schon Indienst nehmen. Ich bin mir aber sicher, dass eine Indienstnahme nur in sehr engem Rahmen und Aufwand möglich ist.
Der Aufwand für die Sicherheitsbehörde ist auch sehr überschaubar: Dem Gast ein Formular zum Ausfüllen geben, zurücknehmen, einheften und aufbewahren.
Die Gemeinde erweitert diese Indienstnahme, der Mehraufwand eine Kopie des Formulars an die Gemeinde weiterzuleiten stellt auch keinen großen Aufwand dar.
Die elektronische Kurbeitragserfassung allerdings schon.
Nach dem Bundesmeldegesetz können die Daten elektronisch erfasst werden, aber eine Verpflichtung dazu gibt es nicht.
Ich hatte diesen Vorgang der Vorsitzenden unserer SPD-Arbeitsgemeinschaft der Selbstständigen geschildert und diese hat es treffend auf den Punkt gebracht.
Unser Gemeinde würde die Digitalisierung nutzen um einen analogen Vorgang (Erfassung der Daten) auf uns abzuwälzen.
Auch bei unserer noch offenen Anfrage an die IHK sah man es bei einem Gespräch kritisch, dass diese Aufgabe nun die Betriebe machen sollen.
Wenn die Gemeinde das gerne elektronisch haben will, soll sie doch ein Programm/App anbieten, wo sich der Gast ähnlich wie bei der Bahn selbst registrieren kann.
4. Fristen
Bei uns wird dem Vermieter eine Frist von 1 Tag zur elektronischen Meldung gesetzt.
Mein Sohn studiert gerade auf Rechtspfleger und ist sich sicher, dass eine Tagesfrist keine Gültigkeit hat/nicht angemessen ist.
5. Ausgabe der Gästekarte.
Die Einziehung des Kurbeitrages und die Ausfertigung/Aushändigung der Gästekarte ist noch mal etwas ganz anderes.
Der Status von Touristinformationen u.ä. wurde in den vergangenen Jahren neu definiert.
Im Grunde sind sie keine öffentlichen Einrichtungen mehr sondern Reiseveranstalter – Leistung gegen Bezahlung (Gästekarte als Leistung für den Kurbeitrag)
Im Kurbeitrag ist Umsatzsteuer enthalten, die Touristinfo braucht jetzt auch eine Reiseveranstalterhaftpflicht.
Das Pauschalreiserecht hat die Gästekarte nicht ausgenommen und die TI ist damit ein ganz normales Reisebüro.
Wieso sollte ich als Vermieter für einen Betrieb eigentlich unentgeltlich als Ticketausgabestelle fungieren?
Das andere ist, dass sogar die Gefahr besteht durch Ausgabe der Gästekarte nach dem Pauschalreiserecht selbst in den Status als Reiseveranstalter zu rutschen mit all den besonderen Verpflichtungen.
Bei uns schaut es aktuell so aus, dass eine Verpflichtung zur Ausgabe der Karte nicht möglich ist.
Noch was anderes:
Es gibt momentan bei uns in Bayern als auch auf Bundesebene Bestrebungen für einen Bürokratieabbau.
Das was bei uns passiert ist das Gegenteil - ein enormer Bürokratieaufbau.
Vielleicht kann man darüber was erreichen.
Ich hab noch einige Anfragen an Ministerium, Datenschutz und IHK laufen, das zieht sich leider, aber jetzt steht erst mal ein bereits eingereichter Antrag an den Gemeinderat an.
Ich hab dafür 18 Betriebe verschiedener Größe gewinnen können, die das gemeinsam fordern und zusammen ca. die Hälfte der Übernachtungen erbringen.
Die Gemeindechefin windet sich zwar, aber wird die Behandlung im Rat nicht verhindern können.
Mal schauen was rauskommt.
Bei uns sind im kommenden Frühjahr Kommunalwahlen und das könnte uns helfen.
Wenn es bei Euch was positives Neues bzw. Verwertbares gibt, würde ich mich über eine Mail freuen.
Viele Grüße aus dem Chiemgau
Waltraud Eisenberger
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Textfreigabe erteilt - Der Artikel ist zuerst erschienen in unserem Rundbrief vom 15.04.2019
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